Elvis Costello ist ein Musiker, dem keine Herausforderung zu gross scheint. So hat der heuer sechzig gewordene Brite schon auf Augenhöhe mit Paul McCartney, Burt Bacharach, und Allen Toussaint zusammengearbeitet und Abstecher in Richtung Jazz, Klassik und Hip-Hop gewagt. Für sein neues Album hat er wiederentdeckte Texte von Bob Dylan zu fertigen Songs verarbeitet, aber bei der vergleichsweise simplen Aufgabe, die Event-Halle Basel ohne Begleitband zu unterhalten, scheitert Costello deutlich.
An einem Repertoire-Mangel liegt das nicht. Er habe mehr als 400 Songs geschrieben, erinnert Costello das Basel Publikum schon früh am Dienstag-abend. Weil er für sein phänomenales Gedächtnis bekannt ist, hofft man, dass Costello die besten oder einfach die passendsten davon aus dem Ärmel schütteln wird. Stattdessen durchläuft er einen verworrenen Parcours aus obskuren Frühwerken, stilistisch weit gefächerten Coverversionen und zum Glück auch eigenen Klassikern.
Zwar gelingt Costello der Einstieg spielend, erinnert das energiegeladene „45“ günstig, an die Anfänge als Trittbrettfahrer in der Londoner Punkszene der späten Siebzigerjahre. Schon bald hat er das vernachlässigbare „Poison Moon“ folgenlos verhallen lassen, sich im New-Orleans-Jazz von Professor Longhair verirrt und sein „New Amsterdam“ aus unerklärlichen Gründen mit Lennon-McCartneys «You’ve Got To Hide Your Love Away» verquickt.
Das Repertoire wirkt durchzogen, dafür glänzt Costello als Musiker. Sein Gesang ist ein souveränes Wechselspiel aus tonischerem Gebell und gehauchtem Tremolo. Die Gittarenarbeit kommt dicht und abwechslungsreich daher. Bei «Everyday I Write The Book» spielt Costello so gekonnt gegen den eigenen Gesang an wie einst der junge Bob Dylan. Als Kontrast wirkt das bittere «Alison» merkwürdig verwischt - als könne sich Costello nicht mehr in diese zynische Ballade einbringen.
Mit seiner geballten Virtuosität walzt Costello das Publikum geradezu platt. Nur sporadisch holt er es über Scherze und Anekdoten wieder an Bord, mit musikalischen Kraftakten vermag Costello die wachsende Kluft zum Publikum nicht zu uberbrücken. Als er «Watching the Detectives» mit allerlei Effekten zu einer herrlichen Krachmalerei und einem spaten Höhepunkt ausbaut, haben einige Zuschauer und Zuschauerinnen die Event-Halle bereits verlassen.
Costello scheint sich der Schwächen seines Auftritts durchaus bewusst. Er glaube nicht, besonders gut gespielt zu haben, sagt er, nachdem die Festivalleitung ihm ihren Musician's Musician Award verliehen hat. Dann setzt er sich ans E-Piano und singt sein trauriges «Shipbuilding» so einnehmend wie kein anderes Stück an diesem Abend. Als müsste Costello sich und seinem Publikum nach dem mastig geratenen Set einen Digestif gönnen. Einen, der seine korrigierende Wirkung dann auch nicht verfehlt.
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