Ransom heißt auf Englisch Lösegeld, und deshalb sieht man auf der Albumhülle den Erpresser fliehen; er trägt einen Koffer voller Banknoten und hinterlässt dem Land nur eine Spur verbrannter Scheine. Wie auf DKP-Plakaten und im "Neuen Deutschland" früher ist der Bösewicht ein Wolf. Er trägt einen Zylinder, er ist der Kapitalist. Aber das altmodische Bild, das jemand mit dem passenden Namen Tony Millionaire gezeichnet hat, erzählt nicht von der Zeit der Stahlwerke und Stofffabriken. Es geht um die Gegenwart von Hypo Real Estate und IWF, um Staatsfinanzen, die in irgendwelchen Geldbeuteln verschwinden. Aber will man Songs darüber hören?
Mandolinen klingen, Gitarren wimmern
"Around the time the killing stopped on Wall Street/ You couldn't hold me, baby, with anything but contempt", singt Elvis Costello in "National Ransom". Und er sagt: "Es soll mein Lied sein für die Zeiten des Bankrotts, wann immer diese sein mögen." Wenn einer über solche Sachen singen kann, dann er, der Brillenträger mit dem Namen Elvis, den Polypen in der Nase und dem seltsamen Humor. Er hat sich wieder mit T-Bone Burnett zusammengetan wie in den späten Achtzigern, als sie als Coward Brothers, als Gebrüder Hasenfuß, die Postpunker mit amerikanischer Folklore ärgerten. Elvis Costello hatte plötzlich einen Bart.
Jetzt waren sie erneut in Nashville, mit verschiedenen Bands wie den Imposters und den Sugarcanes. Die ließen die Gitarren auf den Schößen wimmern und die Mandolinen klingeln. Aber was nach Country klingt, ist bei Costello eigentlich noch immer urbritische Popmusik, das sagen einem schon die Titel "Dr. Watson, I Presume" oder "Church Underground". Wer alt genug ist, weiß: Dem Wachstum folgt die Krise, und Elvis Costello wird sie immer rechtzeitig besingen. (v ier von fünf Punkten)
Elvis Costello: National Ransom (Concord)
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