Das musikalische Chamäleon Elvis Costello liefert in Zusammenarbeit mit der HipHop-Band The Roots vielleicht nicht das beeindruckendste Album seiner Karriere, aber sicherlich das überraschendste. Und das ist beim 38. Studiowerk ja auch etwas wert. Mal mit Sprech-, mal mit melodischem Gesang, hangelt Costello sich von Song zu Song und schafft dabei einen so fließenden Ablauf, dass Übergänge gar nicht auffallen. Wise Up Ghost and Other Songs gehört zu der Sorte Platten, die vor allem im Gesamtpaket funktionieren.
Wenn man hier einmal vom Groove gepackt wurde, kann man sich so schnell nicht wieder losreißen. Schon beim Opener "Walk Us Uptown" geht es mit einem Dauerbrenner los, der danach im Kopf immer noch weiter geht. Costello und The Roots erschaffen insgesamt einen unvergleichlichen Sound. Linien von Soul und Rock lassen sich erkennen, kurze Passagen erinnern an urbanen Reggae. Hitzige Stimmung und gleichzeitig völlige Entspannung kommen auf, während Costello beweist, dass er seinen Beruf nach so langer Zeit immer noch mit größter Leidenschaft ausführt. Denn jeder Song klingt, als wäre lange an ihm gefeilt worden, um ihn in sich zu perfektionieren.
Costello ist und bleibt in seiner Musik unvorhersehbar, und genau das war bei Wise Up Ghost and Other Songs auch eines seiner Anliegen. Gerade als man glaubt, eine gewisse Routine im Muster der Stücke zu erkennen, überrascht "Tripwire." Ein melancholischer Song, welcher sich von seiner Schwermütigkeit aber wenig anmerken lässt. Dank sanftem Xylophon und einem Chor, der sich neben Costello im Hintergrund hält, offenbart der Titel eine Leichtigkeit, die ihn davor bewahrt, zum emotionalen Tiefpunkt dieser Platte zu werden. Er ist eher ein besonderes Glanzstück, das sich dezent von The Roots wegbewegt und ganz aus Costellos Feder entsprungen zu sein scheint.
Während vor "Tripwire" noch unaufgeregte Klänge überwiegen, werden danach die Drums ausgepackt. Vor allem bei "Come The Meantimes" geben sie den Ton an, und die Vocals drängen sich ausnahmsweise nicht in den Vordergrund. Dieses Mal sind es die Instrumente, die vom Gesang untermalt werden. Aber "Come The Meantimes" hat, wie alle anderen elf Titel auch, kein richtiges Finale. Auf Wise Up Ghost and Other Songs werden die Stücke einfach ausgeblendet. Was schade ist, weil alle ein eigenes Ende verdient hätten. Es bringt außerdem den Effekt mit sich, dass die Platte als Gesamtwerk betrachtet werden muss, weil kein Song ohne die anderen so wirken kann, wie er es in der festgelegten Reihenfolge tut. Also wohl gleich noch mal eine knappe Stunde Costello hinterher.
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