Sounds (Germany), March 1979

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Sounds (Germany)

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Armed Forces

Elvis Costello & The Attractions

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  Alfred Hilsberg

Ehrfurcht, Mißtrauen, Widerwillen. Gefühle wie diese kamen, als mir die neue Elvis-Platte in die Hand gedrückt wurde. Irgendwie überhaupt keine Lust, sie aufzulegen. King Elvis II — fast so weit weg wie King Elvis I. Mit der Hülle ging das los: Das Cover wirkt wie eine Mischung aus Kolonialgemälde und Kunst aus französischen (Art Deco-) New Wave-Illustrierten. Nur noch bombastischer. Und ein Ärgernis ist es auch, weil's nach dem öffnen nicht mehr zugeht. Und darin sehe ich keine Funktion. Trotzdem wird der betriebene Aufwand sicher in die Geschichte eingehen. Die Platte selbst wohl weniger.

Vor dem Auflegen der Scheibe kann der Käufer vielleicht noch eine kleingedruckte Zeile auf der Innenhülle finden: "Emotional Facism" steht da. Ein Leitfaden durch Costellos Werk? Elvis setzt auf Armed Forces die Beschreibung des alltäglichen Faschismus fort. Er schnarrt seine Attacken gegen das Militär, gegen die Wachstumsindustrie, gegen Unterdrückung von Menschen untereinander. Konkrete Themen, Visionen 1984, fünf Minuten vor Zwölf. Oder schon danach?

Costello ist ein ernstzunehmender, todernster Schreiber, ein hervorragender. Und er versteht was von Arrangements. Aber auf Armed Forces haben seine Lieder den Biß verloren, die schneidende Härte des ersten Alben ist einem — wieder hat Nick Lowe produziert — Wall of Sound gewichen. der nur so ins Gehirn quillt.

Armed Forces erscheint einschließlich der Hülle wie ein überdimensionales Kartenhaus, das alle Trümpfe der Rock-Geschichte enthält. Aber Grundlage und Zweck scheint nur noch die Hitparade zu sein. Costello ist nicht der einsame, bemitleidswerte und wehleidig guckende Anti-Held. Jake Riviera, Nick Lowe und Elvis wissen, was Pop-Musik der 80er Jahre an inhaltlichen und musikalischen Qualitäten erfordert: bei aller Aktualität der Thematik keine Innovation, wenn der Weg in die Charts einmal eingeschlagen ist.

Ehrfurcht. Mißtrauen, Widerwillen, diese Gefühle sind jetzt verschwunden. Ich höre Armed Forces mit wachsendem Interesse, versuche Texte zu verstehen, aber suche vielmehr noch nach mir gefälligen Titeln. Es sind die rockigeren, die in dem mal dumpfen, mal poppigen Balladen-Sumpf fast untergehen. Der erste Song zum Beispiel, "Accidents Will Happen," ein griffiges Pop-Stückchen, und auf der zweiten Seite "Goon Squad" und "Chemistry Class." Aber wo sind solche einprägsamen, vielleicht auch politisch nachhaltig wirkenden Lieder wie "Night Ralley" von This Year's Model? Vielleicht entdecke ich sie noch, wenn ich mich durch die einander erdrückenden Schichten von Armed Forces durchgearbeitet habe.

Gesellschafts-Beschreibung als Stilmittel? "I am starting to function in the usual way" heißt es in dem Song "Big Boys." Daß es Costello ums überleben und um den Widerstand gegen den täglichen Faschismus geht, ich glaube es. Aber die Musik verhindert, daß seine Gedanken zur Wirklichkeit drängen.

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Sounds (Germany), March 1979


Alfred Hilsberg reviews Armed Forces.

Images

1979-03-00 Sounds (Germany) page 58 clipping.jpg
Clipping.

Photo by Barry Plummer.
1979-03-00 Sounds (Germany) photo 01 bp.jpg


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Cover.

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