Kann Elvis Costello eigentlich noch Elvis Costello sein? Die Frage lauert ja hinter all seinen letzten Platten, den Jazz-und Klassikexpeditionen, den Ballett- und Filmmusiken, den Kollaborationen mit hochmögenden Menschen der Popgeschichte, die der Supersongwriter der New-Wave-Generation veröffentlichte.
Elvis Costello ist ein Fall für hochkulturelle Sonntags nachmittags betrachtungen geworden. Vordergründig reiht sich das neue Album in die Liste der wohlfeilen Experimente ein, nach Burt Bacharach, Anne Sofie von Otter und Diana Krall, nach Paul McCartney, dem Brodsky Quartet und T Bone Burnett nun Allen Toussaint: Miterfinder des New-Orleans-R & B, Pianist, Songwriter und Produzent, der Mann, der aus dem Schatten des Mardi Gras in die Rock 'n' Roll Hall Of Fame trat.
Das war 1998. Knapp zehn Jahre zuvor hatte Toussaint Costello auf einem Song des Albums Spike begleitet, am Piano. Auf The River In Reverse spielen zwei Bands, die Rhythmus-Abteilung von Costello und die Bläsergruppe von Toussaint, über weite Strecken klingt das, als hätten sie nie etwas anderes getan. Costello legt seinen Klagegesang in die Bläser-Arrangements und Piano-Wiegen, die Toussaint ihm da hinstellt. Gemeinsam schaukeln sie sich durch ein paar schöne Toussaint-Songs (u.a. "Wonder Woman", "Freedom For The Stallion"), gemeinsam haben sie fünf neue Songs geschrieben, nur der Titelsong ist ein astreiner Costello, die kritische Bebilderung der Katastrophe, die der Hurrikan Katrina 2005 über Toussaints Heimat New Orleans brachte ("The River In Reverse"). Ein Stück fast auch über die Entstehung der Platte. Besser aber sind Costello und Toussaint im Wechselspiel Gesang Piano, in einer bis aufs Blut reduzierten Version von "Tipitina", der Costello den Titel "Ascension Day" gab. In diesen Momenten des Dialogs mit Toussaint kommt Elvis Costello übrigens Elvis Costello wieder sehr nahe.
|