Der Tagesspiegel, January 30, 2005: Difference between revisions
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Und tatsächlich: nix Kammerkonzert. Auf der Bühne stehen die Attractions von damals fast komplett, mit [[Steve Nieve]] an den Keyboards und Schlagzeuger [[Pete Thomas|Peter Thomas]], neu ist nur Bassist [[Davey Faragher]]. Das Ganze heißt jetzt [[The Imposters|The Impostors]], und los bratzen die Schwindler aus der Krachmacherstraße, was das Zeug hält. Stehen da in dunklem Tuchzeug rum, Angestellte unserer Träume, nur wollen sie als netter Seelenbildschirmhintergrund nicht so recht funktionieren. Geben zwar die schlichten Lieferanten, die Costello in „''The Delivery Man''“ besingt, aber was sie liefern, ist lupenreiner Oldstyle-Rock. Nieve lässt es fortissimo perlen und orgeln, Costello kratzekrault seine E-Gitarre wie einen Jaulejunghund, den er kaum zurückhalten kann. | Und tatsächlich: nix Kammerkonzert. Auf der Bühne stehen die Attractions von damals fast komplett, mit [[Steve Nieve]] an den Keyboards und Schlagzeuger [[Pete Thomas|Peter Thomas]], neu ist nur Bassist [[Davey Faragher]]. Das Ganze heißt jetzt [[The Imposters|The Impostors]], und los bratzen die Schwindler aus der Krachmacherstraße, was das Zeug hält. Stehen da in dunklem Tuchzeug rum, Angestellte unserer Träume, nur wollen sie als netter Seelenbildschirmhintergrund nicht so recht funktionieren. Geben zwar die schlichten Lieferanten, die Costello in „''The Delivery Man''“ besingt, aber was sie liefern, ist lupenreiner Oldstyle-Rock. Nieve lässt es fortissimo perlen und orgeln, Costello kratzekrault seine E-Gitarre wie einen Jaulejunghund, den er kaum zurückhalten kann. | ||
Klar, das klingt schön bombasto-elegisch, von „[[Country Darkness]]“ bis „[[Either Side Of The Same Town|Either Side of the Same Town]]“ – und vor allem das ohrwurmträchtige „ | Klar, das klingt schön bombasto-elegisch, von „[[Country Darkness]]“ bis „[[Either Side Of The Same Town|Either Side of the Same Town]]“ – und vor allem das ohrwurmträchtige „[[The Delivery Man|Delivery Man]]“ selbst, das die Schwindler zum Titel ihres frischen Albums erwählt haben. Leider dröhnen sie dabei, im Verein mit der lausigen Saal-Akustik, das besonderste Instrument zu, das heute zu hören wäre: Costellos Stimme. Doch ist das nicht manchmal besser so? Costellos Hauchen und Beißen funktioniert nur noch in der Mittellage; in den Höhen, die der Tönetüftler scharf ansetzt wie ein felsenwärts Standspringender, gibt sie sich oft abrissig, nebenspurig, verstimmt. Dahin der Schmelz, dahin auch der Schmalz – besonders auffällig, wenn er frühe Sachen wie „[[Our Little Angel]]“ intoniert. Auch dieses stimmliche Schiefliegen mag frecher, großer Costello sein. Vielleicht aber ist es bloß das Älterwerden. | ||
Und dann, nach einer Zugabenhatz aus den donnernden Frühzeiten von „''Armed Forces''“, erlaubt sich der Genre-Hüpfer, der Allesausprobierer, der Michael Winterbottom des Pop doch noch eine Berechenbarkeit. Er singt, worauf wohl jeder im Saal insgeheim gewartet hat: „[[I Want You]]“, die schmerzhafteste und bewegendste Liebesarie des Pop. Schön, dass wir uns aufeinander verlassen können, der Unzuverlässige und wir. | Und dann, nach einer Zugabenhatz aus den donnernden Frühzeiten von „''Armed Forces''“, erlaubt sich der Genre-Hüpfer, der Allesausprobierer, der Michael Winterbottom des Pop doch noch eine Berechenbarkeit. Er singt, worauf wohl jeder im Saal insgeheim gewartet hat: „[[I Want You]]“, die schmerzhafteste und bewegendste Liebesarie des Pop. Schön, dass wir uns aufeinander verlassen können, der Unzuverlässige und wir. |
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