Die schlechte Nachricht den Rock"n'Roll betreffend gleich vorweg: Elvis ist verliebt. Die Gute Nachricht den Mittwochabend im Schauspielhaus betreffend: Und zwar bis über beide Ohren in die längsten Beine des zeitgenössischen Jazz, in Diana Krall. Nebenbei wacht er argwöhnisch über die Promotionsaktivitäten seiner diversen Ex-Plattenfirmen, denn es wurmt Costello außerordentlich, wenn etwas, das er anfasst, nicht automatisch zu einer goldenen Schallplatte wird. Obwohl er mit Paul McCartney schrieb, mit Burt Bacharach, mit Anne Sofie von Otter arbeitete oder dem Brodsky Quartett.
Auf der aktuellen CD "North" stapft er zwölf sehr leise Liebeslieder lang im Trenchcoat durch den Regen. Und klingt wie einer, der sich gern verlieben würde, auch wenn er die Hoffnung schon lange begraben hat und eigentlich weiß: Wenn ich zu viel von ihr schwärme, verdrehen eh nur alle genervt die Augen.
Was Costello auf CD mit neunköpfiger Bläsersektion und 28 Streichern arrangierte und erstmals selbst dirigierte, das hat er spartanisch, dadurch gewinnend, inszeniert: Eine Zwei-Mann-Show mit Sänger, seinem Pianisten, zwei Gitarren und drei Lichtkegeln. Die Lichtkegel sind wichtig, weil man aus ihnen heraustreten kann: Ein wenig für sich sein oder sich nah ans Publikum kuscheln. So nah, dass ein Gesangsmikro nur stören würde. Costello schüttelt die Hand des ersten Geigers - heute ersetzt durch Costellos langjährigen Kumpan Steve Nieve am Klavier -, nickt freundlich zur Rhythmusabteilung (ebenfalls Nieve), kitzelt noch etwas mehr Dramatik aus den Bass-Beauftragten (richtig: Nieve). Da dirigiert Costello selbst das Ausklingen des letzten Akkords: Kurzer Wink, und erst dann lässt Nieve das Hallpedal des Flügels gen Stille ploppen. Und bevor die atemlose Andachtsstimmung unangenehm überhand nehmen kann, entlockt Costello dem Publikumschor die Schlusstöne, die erst aus schüchtern Gesäuseltem und brummelig Transponiertem daherwackeln. Und plötzlich wunderbar passen. Genau wie dieser ehemalige Angry Young Man da vorne, dessen Stimme den Saal auch unelektrifiziert füllt - der zum Liederabend-Bariton gereift ist. Auch, wenn sein Anzug immer noch ein wenig an ihm hängt wie umgesteckt, aber noch nicht genäht. 33 Songs wird er singen, vom verjazzten Reggae "Watching The Detectives" an der lärmenden Gitarre bis zu den wundervollen Bacharach-Schwelgern. "Nur CDs werden signiert" warnt das Schild am Verkaufsstand die Fans vor der post-konzertanten Autogrammstunde. Doch dann setzt Costello seinen Elvis auch auf profane Dinge wie Eintrittskarten zu 42 Euro. Keine Frage: Elvis ist verliebt.
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