Jazz Echo, April 25, 2003: Difference between revisions
(formatting +European publications by country index) |
(+em-dashes) |
||
Line 13: | Line 13: | ||
Er schickte ihr Blumen, nach jedem Konzert. Bis sie ihn ausfindig machen ließ und in die Garderobe bat. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Elvis Costello, dem intellektuellen Postpunk-Barden mit hochkulturellen Absichten, und Anne Sofie von Otter, der klaren Stimme aus dem Norden. | Er schickte ihr Blumen, nach jedem Konzert. Bis sie ihn ausfindig machen ließ und in die Garderobe bat. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Elvis Costello, dem intellektuellen Postpunk-Barden mit hochkulturellen Absichten, und Anne Sofie von Otter, der klaren Stimme aus dem Norden. | ||
Die Voraussetzungen hätten kaum unterschiedlicher sein können. Da war auf der einen Seite Declan Patrick MacManus. In London geboren und in Liverpool aufgewachsen gehörte er zu den frühen Antihelden der britischen Popmusik. Seit er 1976 mit einem Demo-Tape und einer Gitarre unter dem Arm die Manager des Alternative-Labels Stiff Records derart nervte, dass sie ihm einen Plattenvertrag gaben, entwickelte er sich zu einer Art künstlerischem Gewissen der Punk-Ära. Unter dem Künstlernamen Elvis Costello und mit damals anarchisch konventionellem Outfit | Die Voraussetzungen hätten kaum unterschiedlicher sein können. Da war auf der einen Seite Declan Patrick MacManus. In London geboren und in Liverpool aufgewachsen gehörte er zu den frühen Antihelden der britischen Popmusik. Seit er 1976 mit einem Demo-Tape und einer Gitarre unter dem Arm die Manager des Alternative-Labels Stiff Records derart nervte, dass sie ihm einen Plattenvertrag gaben, entwickelte er sich zu einer Art künstlerischem Gewissen der Punk-Ära. Unter dem Künstlernamen Elvis Costello und mit damals anarchisch konventionellem Outfit — Hornbrille, Spießerhaarschnitt, grauer Anzug mit Hochwasserhosen — kreierte er eine Form von musikalischer Gegenkultur, die dem Trash der lärmenden Revoluzzer die Qualität sarkastischer Texte und clever arrangierten Rock'n'Rolls entgegensetzte. Mit dem Abflauen der provokativen musikalischen Gesten wandte er sich in den Achtziger der New Yorker Avantgarde zu und veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Alben, die mal mit angejazztem Funk, mal mit quasi-klassischen Suiten oder süßlichen Popballaden die Musikwelt überraschten. | ||
Auf der anderen Seite stand Anne Sofie von Otter. Die Mezzo-Sopranistin aus Stockholm hatte nach ihrem Studium an der Londoner Guildhall School of Music and Drama und dem Unterricht bei renommierten Pädagogen wie Erik Werba, Geoffrey Parsons und Vera Rosza Anfang der Achtziger in Basel den Einstieg in die Szene geschafft. Seitdem empfahl sie sich mit natürlicher Eleganz und wandlungsfähiger Stimme von der New Yorker Metropolitan Opera bis zur Mailänder Scala und von den Salzburger Festspielen bis zu umjubelten Tourneen durch Japan. Dass die beiden Antagonisten dennoch miteinander in Kontakt kamen, lag an einer Verkettung von Zufällen. Da war zunächst ein Konzert im Jahr 1989, bei dem der nach neuen Impulsen suchende Costello zum ersten Mal von Otter hörte. Da waren viele Blumenbouquets, die die Sängerin bei ihren folgenden Londoner Auftritten in ihrer Garderobe fand. Und da war schließlich der Abend, an dem sich die beiden nach der Vorstellung trafen, ins Gespräch kamen und feststellten, dass sie Lust darauf hätten, mal etwas anderes auszuprobieren. Für Costello war es ein behutsamer Anfang: "Zunächst sollte es keine große Sache sein. Wir bekamen die Gelegenheit, ein Konzert in Stockholm zusammen zu gestalten. Dann wurde ich schon mehr eingespannt, weil ich den Auftrag bekam, für das Brodsky Quartet und Anne Sophie etwas zu komponieren. Mit der Zeit hat sich schließlich eine vage Idee entwickelt, darüber hinaus etwas zusammen auf die Beine zu stellen. So schrieb ich ein paar Lieder, wir schickten Kassetten hin und her, diskutierten das Repertoire und waren uns schnell klar darüber, dass wir nicht diese übliche Sache mit Broadway-Songs machen wollten." | Auf der anderen Seite stand Anne Sofie von Otter. Die Mezzo-Sopranistin aus Stockholm hatte nach ihrem Studium an der Londoner Guildhall School of Music and Drama und dem Unterricht bei renommierten Pädagogen wie Erik Werba, Geoffrey Parsons und Vera Rosza Anfang der Achtziger in Basel den Einstieg in die Szene geschafft. Seitdem empfahl sie sich mit natürlicher Eleganz und wandlungsfähiger Stimme von der New Yorker Metropolitan Opera bis zur Mailänder Scala und von den Salzburger Festspielen bis zu umjubelten Tourneen durch Japan. Dass die beiden Antagonisten dennoch miteinander in Kontakt kamen, lag an einer Verkettung von Zufällen. Da war zunächst ein Konzert im Jahr 1989, bei dem der nach neuen Impulsen suchende Costello zum ersten Mal von Otter hörte. Da waren viele Blumenbouquets, die die Sängerin bei ihren folgenden Londoner Auftritten in ihrer Garderobe fand. Und da war schließlich der Abend, an dem sich die beiden nach der Vorstellung trafen, ins Gespräch kamen und feststellten, dass sie Lust darauf hätten, mal etwas anderes auszuprobieren. Für Costello war es ein behutsamer Anfang: "Zunächst sollte es keine große Sache sein. Wir bekamen die Gelegenheit, ein Konzert in Stockholm zusammen zu gestalten. Dann wurde ich schon mehr eingespannt, weil ich den Auftrag bekam, für das Brodsky Quartet und Anne Sophie etwas zu komponieren. Mit der Zeit hat sich schließlich eine vage Idee entwickelt, darüber hinaus etwas zusammen auf die Beine zu stellen. So schrieb ich ein paar Lieder, wir schickten Kassetten hin und her, diskutierten das Repertoire und waren uns schnell klar darüber, dass wir nicht diese übliche Sache mit Broadway-Songs machen wollten." |
Revision as of 23:14, 2 June 2019
|