Laut, September 13, 2013

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Eine aufwühlende Reise, düster und ohne Grenzen

Elvis Costello And The Roots / Wise Up Ghost

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   Sven Kabelitz

Mit Kollaborationen ist das so eine Sache. Im laut.de-Interview äußert sich der ehemalige Kraftwerk-Musiker Karl Bartos dementsprechend skeptisch. "Wenn ein Musiker erfolgreich ist, dann braucht er das nicht. Kollaborationen, die gut waren, haben sich die Künstler nicht überlegt, sondern die Plattenfirmen. Da sitzt dann Irgendeiner im Verlag oder in der Chefetage von so einer Plattenfirma und denkt: 'Wen können wir nehmen, was können wir denn jetzt mal machen und zusammenstopfen?' Da wird dann Lou Reed zusammen gestellt mit Metallica, und das ist alles scheiße. Aber der hat das nur gemacht, weil er da Kohle für gesehen hat. Er hat doch keinen Bock, ernsthaft mit Metallica zu arbeiten. Es ist einfach nur ein Geschäft. Meistens ist der Vater des Gedankens der wirtschaftliche Ansatz und nicht der künstlerische."

Ein eher desillusionierender Keim für das Zusammentreffen von Elvis Costello und The Roots namens Wise Up Ghost. Schließlich leben beide auf den ersten Blick auf ähnlich weit entfernten Planeten wie Metallica und Lou Reed auf dem gescheiterten Lulu. Doch anstatt sich auf ein krampfhaft künstliches Gebilde zu stürzen, einigen sich die Musiker als erstes auf den Herzschlag ihres Longplayers. Ein düsterer Groove, über dem sie sich alle erdenklichen Freiheiten gönnen.

Laut Legendenbildung beruht ihre Zusammenarbeit auf einem gemeinsamen Auftritt in der Jimmy Fallon Show, in der The Roots den Moderator seit 2009 als Hausband unterstützen. Doch eigentlich bildet sie nur die logische Konsequenz aus dem bisherigen Arbeiten des Londoner Hunzelmännchens mit Brille und der allgegenwärtigen Hip Hop- und Neo-Soul-Crew. Die Liste der Musiker, mit denen beide bereits zusammen gearbeitet haben, ist lang. John Legend (Wake Up!), Paul McCartney, Betty Wright, Burt Bacharach, Erykah Badu, das Brodsky Quartet, Allen Toussaint, Nelly Furtado und viele, viele mehr. Früher oder später mussten sich die Wege von The Roots und dem einzig wahren Elvis einfach kreuzen.

Costello beansprucht den Platz am Mikro und der Feder ganz für sich allein. Er singt von Verrat, Machtmissbrauch, dunkler Begierde und zerschmetterten Idealen. "Wake Me Up" kombiniert seinen "Bedlam"-Text mit dem von The River In Reverse, während er in "Stick Out Your Tongue" immer wieder "Pills And Soap" zitiert. Black Thought muss zu Hause bleiben und mit Opal Trotter spielen. The Roots, allen voran Questlove, zeichnen sich ausschließlich für den Sound der Platte zuständig.

Der hat es aber mit seinen Anleihen an den Funk der 1970er (Curtis Mayfield, Isaac Hayes), 2-tone (The Specials, The Clashs Sandinista) und dem frühen Costello selbst in sich. "Es ist eine launische, grüblerische Angelegenheit geworden, mit kathartischen Rhythmen und dissonanten Wiegenliedern," schwärmt Questlove.

"And we'll stand in the light of your new killing ground and we won't make a sound." Mit Mark Kelleys pulsierendem Dub-Bass, Ahmirs hart angeschlagenener Snare und dem an den zähneklappernden "Ghost Town"-Ska der Specials erinnernden Background legt der Opener "Walk Us Uptown" die Latte schwindelerregend hoch. Kein Problem für "Refuse To Be Saved," das selbige ohne auch nur Anlauf zu nehmen überspringt. Ein dreckiges Funk-Monster, dessen Superstition-Keyboards lautstark gegen Bläser, Gitarren und einem Streicher-Outro, das wie für einen neuen Godzilla-Film gemacht scheint, Front beziehen. Trotzdem vergisst der Track niemals seinen wütenden Hauptdarsteller und bietet genug Platz für Costello. "There's no name for the pain I will cause you again and again."

"Cinco Minutos Con Vos," in dem die La Santa Cecilia-Sängerin La Marisoul das Team ergänzt, fröstelt Angst einflößend durch die Nacht. Im Unheil verkündenden "Come The Meantimes" suhlt sich Mayfield neben Timbaland und einer überlauten Rezeptionsglocke. Bing.

Mit "If I Could Believe" und "Tripwire," das auf einem Sample von Costellos "Satellite" basiert, finden zudem typische herzzerreißende Costello-Schunkelballaden ihren Weg auf Wise Up Ghost. Kitsch funktioniert am Besten, wenn er in einem Moment des Gegensatzes auftritt. Doch mit dem siedenden Einsatz der Roots könnte Costello auch den "Kitty Song" singen und es würde ordentlich Rabatz machen. "Soft kitty, warm kitty / Little ball of fur / Happy kitty, sleepy kitty / Purr purr purr."

Von zwei gegenüberliegenden Orten machen sich die Organic Hip Hopper The Roots und der geifernde Costello auf den Weg auf eine aufwühlende Reise, deren Wege noch nicht endgültig vermessen sind. "Wise Up Ghost" mag nicht das beste Roots-Abum sein. Gleichzeitig treibt der dynamische Rahmen Elvis Costello, der sich von seinem gemütlichen Altenteil erhebt, zu seiner fokussiertesten und gegenwärtigsten Arbeit seit Jahren.

Am Ende steht nicht mehr die Frage, warum diese Kollaboration zustande kam im Zentrum des Interesses. Viel mehr rückt das Cover mit seinem Vermerk "Number One" und die mit ihm einhergehende Hoffnung auf baldigen Nachschub in den Mittelpunkt.


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Laut, September 13, 2013


Sven Kabelitz reviews Wise Up Ghost.

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Wise Up Ghost album cover.jpg

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