Rolling Stone Germany, November 2010: Difference between revisions
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Anlässlich von „National Ransorn" muss man diese Theorie allerdings noch einmal überdenken. Diese Tour de Force der Stile, dieses Museum amerikanischer Formen, gefiltert durch europäisches Bewusstsein, vereint Gershwin mit Rock'n'Roll und Sinatra mit Kammermusik. Herrlich, wie das pompös pulsierende, fast orchestrale „Church Underground" in das ganz zarte, schwelgerische „You Hung The Moon" übergeht, wie Bläser und Streicher niemals „Swing!" schreien, sondern im Hintergrund subtil illustrieren. Wunderbar, wie er bei „All These Strangers" zu Slide Guitar und Streichern schmalzt! | Anlässlich von „National Ransorn" muss man diese Theorie allerdings noch einmal überdenken. Diese Tour de Force der Stile, dieses Museum amerikanischer Formen, gefiltert durch europäisches Bewusstsein, vereint Gershwin mit Rock'n'Roll und Sinatra mit Kammermusik. Herrlich, wie das pompös pulsierende, fast orchestrale „Church Underground" in das ganz zarte, schwelgerische „You Hung The Moon" übergeht, wie Bläser und Streicher niemals „Swing!" schreien, sondern im Hintergrund subtil illustrieren. Wunderbar, wie er bei „All These Strangers" zu Slide Guitar und Streichern schmalzt! | ||
Vor allem als Balladensänger ist Elvis Costello ganz auf der Höhe seiner Sujets. Wie stets jagt er den Hörer durch das Labyrinth seiner Lyrik, die manchmal den Gedanken nahelegt, er habe einige Vokabeln spontan der englischen Sprache hinzugefügt. Den Songs nachgestellt hat er Jahreszahlen und Ortsbezeichnungen wie „A drawing room in Pimlico, London, 1919", was bei jedem anderen Künstler der Gipfel des Prätentiösen wäre. Aus dem Genre der zuletzt häufig belehnten Country Music schöpft Costello Lost You", eine sehr direkte Angelegenheit („On the road to Cain's Ballroom, Elsa, 2009"), das etwas schwerfällig-pomadige „That's Not The Part Of Him She's Leaving" und den deftigen Shutlle „My Lovely Jezebel", der von der Ladefläche des „King | Vor allem als Balladensänger ist Elvis Costello ganz auf der Höhe seiner Sujets. Wie stets jagt er den Hörer durch das Labyrinth seiner Lyrik, die manchmal den Gedanken nahelegt, er habe einige Vokabeln spontan der englischen Sprache hinzugefügt. Den Songs nachgestellt hat er Jahreszahlen und Ortsbezeichnungen wie „A drawing room in Pimlico, London, 1919", was bei jedem anderen Künstler der Gipfel des Prätentiösen wäre. Aus dem Genre der zuletzt häufig belehnten Country Music schöpft Costello Lost You", eine sehr direkte Angelegenheit („On the road to Cain's Ballroom, Elsa, 2009"), das etwas schwerfällig-pomadige „That's Not The Part Of Him She's Leaving" und den deftigen Shutlle „My Lovely Jezebel", der von der Ladefläche des „King Of America" gefallen sein könnte. | ||
Allenfalls hat Elvis Costello den Spannungsbogen mit 16 nicht kurzen Stücken ein wenig überdehnt. Aber wahrscheinlich wird man sich auch an Fingerübungen wie das sperrige „One Bell Ringing“ (Londoner U-Bahn, 2005) gewöhnen. Wie vor ihm Dylan beglaubigt Costello, dass es ein Jenseits der Rockmusik gibt - ohne Rock-musik. | Allenfalls hat Elvis Costello den Spannungsbogen mit 16 nicht kurzen Stücken ein wenig überdehnt. Aber wahrscheinlich wird man sich auch an Fingerübungen wie das sperrige „One Bell Ringing“ (Londoner U-Bahn, 2005) gewöhnen. Wie vor ihm Dylan beglaubigt Costello, dass es ein Jenseits der Rockmusik gibt - ohne Rock-musik. |
Revision as of 01:06, 12 October 2014
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