Süddeutschen Zeitung, September 13, 2013: Difference between revisions
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<center><h3> "Der Wink in die Zukunft"</h3></center> | <center><h3> "Der Wink in die Zukunft"</h3></center> | ||
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Der Wuchtigkeit des Mannes entsprechen die Hölzer übrigens nicht ganz, es sind eher leichtere Modelle. Am Griff-Ende haben sie die spezielle Anti-Rutsch-Beschichtung, die einer wie Questlove auch benötigt. Damit die Sticks ihm nicht aus den Händen gleiten, wenn er sie beim Trommeln mit nur drei Fingerspitzen hält. | Der Wuchtigkeit des Mannes entsprechen die Hölzer übrigens nicht ganz, es sind eher leichtere Modelle. Am Griff-Ende haben sie die spezielle Anti-Rutsch-Beschichtung, die einer wie Questlove auch benötigt. Damit die Sticks ihm nicht aus den Händen gleiten, wenn er sie beim Trommeln mit nur drei Fingerspitzen hält. | ||
Der 42-jährige Drummer, DJ, Produzent und Buchautor tanzt nur so über die Felle und Becken. Und hat so einen Stil etabliert, der - so genau er auf den Punkt gespielt auch ist - immer auch einen Hauch von Schlampigkeit evoziert. Es ist ein Groove, der seit der Jahrtausendwende ganz neue R'n'B-Helden wie D'Angelo und Erykah Badu ebenso trug wie ganz alte - dem großen [[Al Green]] gelang 2008 mit Questlove und "Lay It Down" sein bestes Album seit Ewigkeiten. Es ist ein Beat, an dem jetzt auch Elvis Costello nicht vorbeikommt, auf "Wise Up Ghost", seinem neuen Album mit The Roots. Oder ist die Kennzeichnung schon ein Etikettenschwindel? | Der 42-jährige Drummer, DJ, Produzent und Buchautor tanzt nur so über die Felle und Becken. Und hat so einen Stil etabliert, der - so genau er auf den Punkt gespielt auch ist - immer auch einen Hauch von Schlampigkeit evoziert. Es ist ein Groove, der seit der Jahrtausendwende ganz neue R'n'B-Helden wie D'Angelo und Erykah Badu ebenso trug wie ganz alte - dem großen [[Al Green]] gelang 2008 mit Questlove und "Lay It Down" sein bestes Album seit Ewigkeiten. Es ist ein Beat, an dem jetzt auch Elvis Costello nicht vorbeikommt, auf "''Wise Up Ghost''", seinem neuen Album mit The Roots. Oder ist die Kennzeichnung schon ein Etikettenschwindel? | ||
Überraschend kann diese Kollaboration nur finden, wer einerseits das abenteuerlich breit gestreute Werk des 59-jährigen Costello - der gerade bei Apple in Cupertino zur Präsentation des neuen iPhone auftrat - immer noch auf New-Wave-Renitenz reduziert. Und andererseits die Band aus Philadelphia für irgendeine Hip-Hop-Truppe hält, die zufällig auch ein paar Instrumente ganz passabel spielen kann. | Überraschend kann diese Kollaboration nur finden, wer einerseits das abenteuerlich breit gestreute Werk des 59-jährigen Costello - der gerade bei Apple in Cupertino zur Präsentation des neuen iPhone auftrat - immer noch auf New-Wave-Renitenz reduziert. Und andererseits die Band aus Philadelphia für irgendeine Hip-Hop-Truppe hält, die zufällig auch ein paar Instrumente ganz passabel spielen kann. | ||
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2011 jedenfalls saß Questlove beim Costello-Konzert im New Yorker Beacon Theatre als Gast hinterm Schlagzeug für "[[Black And White World]]", einem Song vom Album "[[Get Happy!!]]", mit dem der Engländer 1980 erstmals klassische Soulmusik an sich gerissen hatte - damals noch eher als Fan und noch nicht mit dem zuweilen etwas anstrengenden Musikologen-Gestus, der seine späteren Genre-Reisen prägte. Schon 2009 hatten The Roots ihm assistiert, als Hausband in Jimmy Fallons Late-Night-Show, als Costello dort seinen, tja, New-Wave-Kracher "I Don't Want To Go To Chelsea" vortrug. Der freilich schon 1978 verschlungener groovte als fast alles andere damals. | 2011 jedenfalls saß Questlove beim Costello-Konzert im New Yorker Beacon Theatre als Gast hinterm Schlagzeug für "[[Black And White World]]", einem Song vom Album "[[Get Happy!!]]", mit dem der Engländer 1980 erstmals klassische Soulmusik an sich gerissen hatte - damals noch eher als Fan und noch nicht mit dem zuweilen etwas anstrengenden Musikologen-Gestus, der seine späteren Genre-Reisen prägte. Schon 2009 hatten The Roots ihm assistiert, als Hausband in Jimmy Fallons Late-Night-Show, als Costello dort seinen, tja, New-Wave-Kracher "I Don't Want To Go To Chelsea" vortrug. Der freilich schon 1978 verschlungener groovte als fast alles andere damals. | ||
Questlove, gemeinsam mit Roots-Sounddesigner [[Steven Mandel]] die treibende Kraft und ordnende Hand hinter "Wise Up Ghost", hatte zuerst nur nach Costellos Okay für einen Roots-Remix älterer Elvis-Songs angefragt. Was die perfekte Ouvertüre war, da der Sänger in der daraus erwachsenden Zusammenarbeit immer wieder nach der Wiederentdeckung und Fortschreibung seiner eigenen Geschichte zu suchen schien. | Questlove, gemeinsam mit Roots-Sounddesigner [[Steven Mandel]] die treibende Kraft und ordnende Hand hinter "''Wise Up Ghost''", hatte zuerst nur nach Costellos Okay für einen Roots-Remix älterer Elvis-Songs angefragt. Was die perfekte Ouvertüre war, da der Sänger in der daraus erwachsenden Zusammenarbeit immer wieder nach der Wiederentdeckung und Fortschreibung seiner eigenen Geschichte zu suchen schien. | ||
Man findet sie gleich auf dem fertigen Album: So nimmt das dunkle "[[Stick Out Your Tongue|Stick Your Tongue]]" den Refrain von "[[Pills And Soap|Pills & Soap]]" auf, das 1983 im Original von Grandmaster Flashs Rap-Pionierstreich "The Message" inspiriert war. Und "[[Cinco Minutos Con Vos]]", mit einer Gastrolle für die Latin-Sängerin [[La Marisoul]], spiegelt in einer Geschichte um Entführung und Tod eines argentinischen Vaters unmittelbar den Costello-Klassiker "[[Shipbuilding]]" wider, der 1982 die Working-Class-Agonie nach dem britischen Falkland-Krieg in eine seiner elegischsten Melodien goss. | Man findet sie gleich auf dem fertigen Album: So nimmt das dunkle "[[Stick Out Your Tongue|Stick Your Tongue]]" den Refrain von "[[Pills And Soap|Pills & Soap]]" auf, das 1983 im Original von Grandmaster Flashs Rap-Pionierstreich "The Message" inspiriert war. Und "[[Cinco Minutos Con Vos]]", mit einer Gastrolle für die Latin-Sängerin [[La Marisoul]], spiegelt in einer Geschichte um Entführung und Tod eines argentinischen Vaters unmittelbar den Costello-Klassiker "[[Shipbuilding]]" wider, der 1982 die Working-Class-Agonie nach dem britischen Falkland-Krieg in eine seiner elegischsten Melodien goss. | ||
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Und was war da mit dem Etikettenschwindel? Nun, den eingefleischten Fans behagt es nicht unbedingt, dass auf der Platte zwar The Roots draufsteht, aber die essenzielle Stimme der Band, der Rapper Taric "Black Thought" Trotter, gar nicht dabei ist. Während sich Elvis Costello hingegen mit "[[Refuse To Be Saved]]" auch mal als Halb-Rapper versucht. Und was steht rechts unten auf dem Cover? Genau: "Number One". | Und was war da mit dem Etikettenschwindel? Nun, den eingefleischten Fans behagt es nicht unbedingt, dass auf der Platte zwar The Roots draufsteht, aber die essenzielle Stimme der Band, der Rapper Taric "Black Thought" Trotter, gar nicht dabei ist. Während sich Elvis Costello hingegen mit "[[Refuse To Be Saved]]" auch mal als Halb-Rapper versucht. Und was steht rechts unten auf dem Cover? Genau: "Number One". | ||
Denn "Wise Up Ghost" ist bei allem Vergangenheitsbezug auch ein work in progress, ein Wink in die Zukunft. Vielleicht spielt Questlove bei Nummer zwei dann ja auch das neue, nach ihm benannte Drumkit. Das wurde ihm gerade von der Traditionsmarke Ludwig spendiert. Es ist genauso zierlich wie seine Sticks. | Denn "''Wise Up Ghost''" ist bei allem Vergangenheitsbezug auch ein work in progress, ein Wink in die Zukunft. Vielleicht spielt Questlove bei Nummer zwei dann ja auch das neue, nach ihm benannte Drumkit. Das wurde ihm gerade von der Traditionsmarke Ludwig spendiert. Es ist genauso zierlich wie seine Sticks. | ||
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