Vienna Presse, June 13, 2018

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Elvis Costello: „Plagiate hat es immer gegeben“


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   Samir H. Köck

„Man muss es nur schlau machen“, sagt Elvis Costello. Anlässlich seiner Österreichkonzerte im Juli: ein Gespräch über Alben, Paul McCartney und die heutige Jugend.

„Es gilt die Ornamente wegzuschneiden“, sagt Elvis Costello: „Mir geht es heute um möglichst einfachen Ausdruck.“ In den letzten Jahren hat er sich viel mit Jazz und Klassik befasst, bei seiner jetzigen Tournee mit den Imposters verzichtet er weitgehend darauf.

Die Presse: Ihr letztes Album „Wise Up Ghost“, aufgenommen mit der Hip-Hop-Gruppe The Roots, liegt fünf Jahre zurück. Nun gehen Sie mit Ihrer Band The Imposters auf Tour. Haben Sie neues Material?

Elvis Costello: Ja. Wir haben mehr oder weniger geheim am neuen Album gearbeitet. Ob und wie viele neue Songs in Wien zu hören sein werden, das tüfteln wir noch aus. Manchmal ist es ja gut, wenn man Lieder in einer Rohfassung live spielt.

Bei den Imposters spielen zwei Musiker mit, die ab 1978 schon in ihrer ersten Band The Attractions wesentliche Akzente setzten. Muss da noch viel geübt werden?

Natürlich, und das ist gerade das Schöne. Wir alle verändern uns, und jede seelische Modifikation macht sich dann in der Musik bemerkbar. Wir haben fast zehn Jahre nicht mehr miteinander gespielt, und es ist spannend zu sehen, was wir in der Zwischenzeit gelernt haben. Was an diesen Musikern so toll ist: Sie haben ihre Impulse unter Kontrolle. Sie lassen die Lieder atmen. Früher waren wir alle sehr ungeduldig, sind emotional mit der Tür ins Haus gefallen.

Nick Cave schwärmt von seinem erbarmungslosen Kampf gegen die eigene Ausdruckskraft. Verstehen Sie ihn?

Selbstverständlich. Jeder Musiker, der lebenslang lernt, kommt zu dem Punkt, an dem er sich möglichst einfach ausdrücken möchte. Also gilt es die Ornamente wegzuschneiden. Bis zu einem bestimmten Entwicklungsgrad gefällt es dir, immer komplexer zu werden. Mir geht es heute meist ums Gegenteil: um möglichst einfachen Ausdruck. Das ist die hohe Schule.

Sie haben gemeinsam mit Popsong-Legenden wie Burt Bacharach und Paul McCartney komponiert. Was haben Sie dabei über sich selbst gelernt?

Ich bin wie jeder meiner Generation mit den Liedern dieser Genies aufgewachsen. Ist man dann in der surrealen Situation, mit Bacharach oder McCartney im Studio zu stehen, dann darf man sich nicht von den Erinnerungen an die eigenen Schwärmereien überwältigen lassen.

Letztes Jahr hat McCartney Ihr gemeinsames Album „Flowers In The Dirt“ wiederveröffentlicht, mit zusätzlichen Original-Demos. Haben Sie sich die angehört?

Ja, mit Freuden. Paul wird nicht beleidigt sein, wenn ich sage, dass viele von diesen Demoaufnahmen Qualitäten aufweisen, die das endgültige Album da nicht mehr hatte. Das Spontane, das man hier hört, das ging im großen Studio leider etwas verloren.

Wie war die Arbeit mit dem jetzt schon 90-jährigen Burt Bacharach?

Sie hat schon Mitte der Neunzigerjahre begonnen, und ich arbeite heute noch mit ihm. Was dieser Mann über Songarchitektur weiß, ist unglaublich. Vor etwa zwei Monaten spielte ich ein Benefizkonzert in einem kleinen Club mit ihm, und er war so tief in der Musik wie eh und je.

Bei uns in Wien debütierte er erst vor zwei Jahren: in der Wiener Staatsoper.

Das ist eine Location, wie seine feine Musik es sich verdient. Man muss die vielen Details seiner so sanften Musik hören. Mich ärgern Leute, die solche musikalische Zärtlichkeit als Fadesse missverstehen. Etwa in „The Look of Love“, das Dusty Springfield genial gesungen hat. Das auch meine Frau, Diana Krall, höchst interessant interpretiert hat. Diese Art von bedingungsloser Romantik scheint vielen Heutigen unsexy. Dabei gehören Bacharachs Lieder zum Erotischsten, das in der Popmusik je kreiert wurde.

2004 hat Ihre Frau die ergreifende Ballade „Narrow Daylight“ gesungen, den bisher einzigen Song, den sie gemeinsam mit Ihnen komponiert hat. Wäre es nicht schön, das fortzusetzen?

Sie braucht meine Hilfe nicht. Es war ein spezieller Moment damals, wo sie etwas ganz Bestimmtes ausdrücken wollte. Ich habe ihr geholfen, indem ich ein paar Dinge aus ihren Tagebüchern in Versmaß gebracht habe. Ich liebe dieses Lied. Es ist für mich ein säkularer Gospelsong.

Seit 1977 nehmen Sie Alben auf. Sehen Sie für dieses Format noch eine Zukunft?

In meiner kleinen Welt ist das Album absolut zentral. Es macht Freude, unterschiedliche Lieder auf subtile Weise motivisch zu verbinden. Aber ich akzeptiere auch andere Formen des Hörens. Die Industrie wird in Hinkunft halt mehr Formate bereitstellen müssen. Man darf nicht immer denken, dass in der Vergangenheit alles besser war. Ich muss aber gestehen, dass mich der Boom bei Vinylalben beruhigt.

Eine kulturpessimistische Frage: Prägnante neue Melodien sind rar. Sind die Heutigen musikalisch weniger wach als Ihre Generation?

Auch Plagiate hat es immer gegeben. Jede Jugend plündert den Fundus der Elterngeneration. Auch ich habe während meiner gesamten Karriere Rhythmen, Sounds und Harmonien von anderen geborgt. Wichtig ist nur, es schlau zu machen.

Konzerte in Österreich:
9. Juli, Kasematten Graz;
11. Juli, Konzerthaus Wien.

Tags: Paul McCartneyThe ImpostersWise Up GhostThe RootsThe AttractionsBurt BacharachFlowers In The DirtDusty SpringfieldDiana KrallNarrow Daylight

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Die Presse, June 13, 2018


Samir H. Köck interviews Elvis prior to shows with The Imposters in Graz and Vienna.
The shows were subsequently cancelled.

Images

2018-06-23 The Scotsman photo 01 bmca.png
Photo credit: Bernadette Mcallister.

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