Zum neuen Album die neue Show und dann die Tournee. Das ist längst Usus bei den Stars, wenn sie sich als Marke global behaupten wollen. Der britische Rockstar und einstige Police-Sänger Sting (58) ist eine Nobelmarke mit einem respektierten Stand. Auch als Solist beflügelt ihn der Ehrgeiz, über den eigenen Tellerrand hinaus zu gelangen.
Im Falle von "Welcome to the Voice" aus dem Jahre 2007 gab es jetzt obendrein in Paris noch eine besondere Kreation an der städtischen Châtelet-Oper. Das ganze Unternehmen spielt mit einer gewissen Opernnähe. So haben sich die Phantome von Carmen, Butterfly und Norma nicht nur auf die Bühne verirrt; sie schwebten am Ende wie die Rheintöchter auf ihren Schaukeln in der Höhe, während sich zu ihren Füßen derweil alle zu einem zünftigen Finale an der Rampe vereinten, bei dem alle endlich alles zu wissen glaubten und das Publikum mit einem zünftigen "Ja" (natürlich auf Englisch) ins nächtliche Paris entlassen wurde.
Sting spielt Dionysos
Die drei Damen hatten zwischen Bernhard Arnoulds aufwändigen Bühnenbildfassaden (links spielgelglatt modern, rechts opern-altmodisch) auch Gutes getan. Sie waren nämlich dem Helden Dionysos, dessen Name bedeutungsschwanger einen griechischen Arbeiter und den Göttersohn meint, nicht nur erschienen, sondern hatten ihn auch aus der Bredouille befreit, in die sich dieser Opernfan mit der Leidenschaft für die Diva Lily (Sylvia Schwartz) gebracht hatte. Sting ist natürlich Dionysos, immer mit dem großen Musicalpathos in der Stimme (oder im Falsett).
In Muriel Teodoris eher dürftigem, szenischem Arrangement kommt er freilich über einen etwas steifen Edelproll nicht hinaus. Seine Fans kamen dabei ebenso auf ihre Kosten wie die von Elvis Costello, der als etwas poltriger Polizeikommissar in Erscheinung trat.
Was so opernähnlich tat, war allerdings bestenfalls nur das Phantom eines Musicals. Als "Stück" bleibt es zwischen Sozialkitsch (nicht weniger als ein Stahlarbeiterbackround wird mit eingespielten Videos evoziert) und behaupteter Opernliebe (wo sogar der Name Mozarts von der Masse skandiert wird) stecken.
Trotz des großen Aufwands reichte die Inszenierung auch nicht zur Bühnenshow, musikalisch war sie nicht einmal annähernd auf der Augenhöhe von gängigen Musicals. Daran konnten auch das Live-Orchester im Graben, die professionell singende Damenriege und der Mikroport bei den Sängern nichts mehr ändern. Als eigenes Genre - die Sting-Fans mögen das anders sehen - ist das Werk aber zu dünn.
Im Ganzen also ein netter Schmarrn, der zum Glück nur anderthalb Stunden währte, der immerhin betörende Trompeten- und Saxophone-Soli bot und natürlich auf nicht zu beirrende Fans zählen konnte.
Musiktheater
Welcome to the Voice
Steve Nieve (Komponist) Muriel Teodori (Libretto und Regie) Mit: Sting, Elvis Costello, Sylvia Schwartz, Marie-Ange Todorovitch, Sonya Yoncheva, Anna Gabler u. a.
www.chatelet-theatre.com
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